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Allgemeine Psychologie - Eine Einführung
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Allgemeine Psychologie - Eine Einführung
von: Christian Becker-Carus
Spektrum Akademischer Verlag, 2004
ISBN: 9783827405708
589 Seiten, Download: 8894 KB
 
Format:  PDF
geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop

Typ: B (paralleler Zugriff)

 

 
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Leseprobe

7 Bewusstsein und Aufmerksamkeit (S. 229)

Der Begriff Bewusstsein (consciousness) wird zumeist als ein Sammelbegriff gebraucht für unser waches Erleben, Wahrnehmen, Denken oder Erinnern, bei dem wir „voll dabei" sind. Aber wie wir sehen werden, umfasst Bewusstsein auch noch solche Bereiche, die uns momentan weniger gegenwärtig sind, denen wir uns aber dennoch zuwenden können, so dass wir auch bestimmte Bewusstseinsgrade unterscheiden müssen. Ein Aspekt des Bewusstseins, der auch in der Wahrnehmungspsychologie von besonderer Wichtigkeit ist, betrifft die bewusste Aufmerksamkeit (attention). Sie wird definiert als ein psychischer Zustand konzentrierter Bewusstheit, der mit der wachen Bereitschaft einhergeht, auf äußere oder innere Reize zu reagieren.

7.1 Aufmerksamkeit

Obgleich wir für gewöhnlich nicht den Eindruck haben, dass wir nur einen sehr kleinen Bruchteil dessen wahrnehmen, was wir wahrnehmen könnten und wozu all unsere Sinnesorgane zusammengenommen in der Lage sind, so gibt es doch Momente, in denen uns diese Einschränkung schlagartig deutlich werden kann. Zum Beispiel fühlen wir uns in Überraschungsmomenten oft überfordert, wenn wir auf viele oder mehrere Reize gleichzeitig reagieren sollten. In den meisten Alltagssituationen aber sortiert unsere Aufmerksamkeit unbemerkt aus der riesigen Vielfalt der Reize, die unsere Sinnesorgane treffen und die wir unmöglich alle gleichzeitig beachten könnten, so viele aus, wie unser Gehirn zu bearbeiten in der Lage ist. Was wir tatsächlich wahrnehmen, hängt nicht allein von den Reizen selbst ab, sondern in hohem Maße von unseren momentanen kognitiven Aufmerksamkeitsprozessen, die aus unseren Interessen, Erwartungen oder jeweiligen Zielen resultieren. Sie alle dienen der Aufmerksamkeitssteuerung.

7.1.1 Aufmerksamkeitssteuerung

Wenn Sie zum Beispiel in einem Geschäft eingekauft, mit der Verkäuferin gesprochen und ihr dabei auch direkt in die Augen geblickt haben, werden Sie dennoch anschließend zuallermeist nicht in der Lage sein, anzugeben, welche Augenfarbe die Verkäuferin hatte. Wir stellen fest: Wir haben es „nicht wahrgenommen". Wir können unsere Aufmerksamkeit aber auch willentlich auf bestimmte einzelne Reize fokussieren, die uns üblicherweise entgangen wären. Schließen Sie zum Beispiel jetzt für einen Moment die Augen und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren linken Fuß, so können Sie wahrnehmen, wie eng oder weit der Schuh sitzt, wo er vielleicht drückt. Oder konzentrieren Sie sich auf Ihre Atmung (wie in einer Meditation), deren regelmäßigen Gang Sie damit plötzlich wahrnehmen, währenddessen dafür andere Reize der Umgebung unbemerkt bleiben. Oder achten Sie auf die Reize von draußen, die Sie sonst bei konzentriertem Lesen nicht gestört hätten, die Sie vielleicht nicht einmal bemerkt hätten. – Wollten oder müssten wir all die vielen auf uns einströmenden Reize gleichzeitig aufnehmen und verarbeiten, unsere Hirnfunktionen und unser Bewusstsein wären vollständig überfordert (siehe Exkurs 7.1, Flaschenhalsmodell).

Da wir nicht merken, was wir „nicht merken", ist uns zumeist auch nicht klar, wie eng der momentane Aufmerksamkeitsbereich tatsächlich ist. Doch schon ein kleines Eigenexperiment kann uns das illustrieren: Nehmen wir zum Beispiel eine kleine Anzahl von Bohnen oder Erbsen (3 bis 15 Stück) und streuen sie zufällig auf den Tisch. Werfen wir nun nur einen kurzen Blick darauf was sich mit tachistoskopisch gezeigten Punkten natürlich exakter durchführen lässt), so zeigt sich, dass wir bei einer Blickzeit von 0,2 s und wiederholten Durchgängen nur bei einer Menge von 5 bis 6 Bohnen fehlerlose Angaben über die Anzahl der Objekte machen können. Ähnlich wie bei Gedächtnisexperimenten (vergleiche Kapitel 10, Gedächtnis und Vergessen) lässt sich auch die Aufmerksamkeitsspanne durch strukturierende Organisation der wahrzunehmenden Einzelelemente vergrößern. Wenn wir die Bohnen in unserem Beispiel zu mehreren beispielsweise 4) Häufchen (Cluster) mit je drei Bohnen gruppieren, so werden wir die insgesamt größere Anzahl 3 × 4 = 12) dennoch korrekt wahrnehmen können. Diese einfache Illustration kann verdeutlichen, wie es möglich ist, dass wir trotz der geringen Informationsaufnahme auch recht komplexe Situationen mit einem kurzen Blick aufzunehmen in der Lage sind: Hier, wie in allen Situationen einer komplexeren Reizaufnahme, ist die notwendige Organisation bei uns (durch Vorerfahrungen) bereits vorhanden, und die einzelnen Stimuli passen sich in diese Organisation ein – ohne die Notwendigkeit einer besonderen Aufmerksamkeitszuwendung im Einzelnen.



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